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So schnell erholen sich Körper und Geist nach kurzer Zeit der Abstinenz
Fitter, schlanker, mehr Lebensfreude in kurzer Zeit

von Harald Frohnwieser

„Dry January“ heißt so gut wie alkoholfreier Januar und wird seit vielen Jahren in Großbritannien für den ersten Monat des Jahres ausgerufen. Geschätzte 4,2 Millionen Menschen nehmen diese Devise ernst und verzichten bis zum 1. Februar auf Bier, Wein oder Spirituosen. Ein internationales Forscherteam der University of Sussex hat 800 Männer und Frauen, die in dieser Zeit zur Gänze auf Alkohol verzichtet haben, befragt, wie es ihnen geht und sie auch von Ärzten untersuchen lassen. Aber auch die Oberberg-Kliniken in Deutschland haben nachgeforscht, wie es frischgebackenen Abstinenzlern physisch und psychisch ergeht. Beide kamen unisono zum Schluss, dass es sich durchaus lohnt, nüchtern und abstinent zu leben.

„Mit dem Trinken aufzuhören ist ganz leicht, ich habe das schon 20 Mal gemacht.“ Dieser alte Alkoholiker-Witz suggeriert, dass es nicht so einfach ist, abstinent zu bleiben. Doch hat man es erst mal geschafft, hat man den Entzug überstanden, stellt sich die Frage: Wozu das Ganze? Was habe ich jetzt davon? Mag einem eben trocken gewordenen Alkoholiker sein neues Leben zu Beginn noch etwas trist vorkommen, so liegen die Vorteile klar auf der Hand: Körper und Geist erholen sich erstaunlich schnell, neuer Lebensmut stellt sich ein und auch finanziell erspart man sich einiges.
Ein internationales Forscherteam der University of Sussex in Großbritannien hat sich für eine Studie genau angeschaut, welche positiven Veränderungen sich nach nur vier Wochen einstellen. Anlass war die bekannte britische Initiative „Dry January“ (Alkoholfreier Januar), die auffordert, einen Monat lang auf Alkohol zu verzichten (siehe auch „Großbritannien: Alkoholverzicht im Januar“). Bei der von Dr. Richard de Visser geleiteten Studie wurden 800 Menschen, die in dieser Zeit keinen Alkohol getrunken haben, genau unter die Lupe genommen und gesundheitlich durchgecheckt.

Die Forschung der University of Sussex zeigt, was Alkoholverzicht innerhalb von einem Monat bewirkt:

* 93% der Teilnehmer hatten ein Erfolgserlebnis;

* 88% sparen Geld;

* 82% denken tiefer über ihre Beziehung zu Getränken nach;

* 76% erfuhren mehr darüber, wann und warum sie trinken;

* 71% stellten fest, dass sie kein Getränk brauchen, um sich zu amüsieren;

* 70% hatten allgemein eine Verbesserung der Gesundheit;

* 71% schliefen besser;

* 67% hatten mehr Energie;

* 58% verloren an Gewicht;

* 57% hatten eine bessere Konzentration;

* 54% hatten eine bessere Haut.

Hier die Ergebnisse dieser und anderen Studien, die sich mit der ersten Zeit nach dem letzten Glas befassten, im Detail:

Zwei Wochen ohne Alkohol

* Ein besserer und tieferer Schlaf stellt sich ein, man steigt wesentlich ausgeruhter und entspannter am Morgen aus dem Bett.

* Man nimmt weitaus weniger Kalorien zu sich, wenn man auf den Alkohol zur Gänze verzichtet und wird einige Kilos los.

* Die Leistungsfähigkeit und die Konzentration steigern sich, was zur Folge hat, dass man vom Chef oder von den Kollegen geachtet wird.

* Das Selbstbewusstsein wird größer, einerseits weil man es geschafft hat, sich von seiner Sucht zu befreien, andererseits weil von Menschen, die von der Erkrankung wussten, Anerkennung kommt.

* Das Immunsystem wird verbessert.

* Die Gefahr, schnell in eine Stresssituation zu kommen, wird geringer.

Vier Wochen ohne Alkohol

* Der Blutdruck wird gesenkt.

* Die Lebensenergie steigt beachtlich, man hat wieder Spaß entweder alleine oder mit der Familie und den Freunden etwas zu unternehmen. Richard Pipper, Initiator der britischen Initiative „Alcohol Change UK“ stellt fest: „Wir hören von vielen Teilnehmern, dass sie sich danach gesünder und glücklicher fühlen. Und dass sie keinen Alkohol benötigen, um Spaß zu haben und zu entspannen.“
Dazu die Chefärztin der Betty-Ford-Klinikin Bad Brückenau, Deutschland, Jarmila Mahlmeister: „Eine überlastete Leber macht müde. Wer auf Alkohol verzichtet, ist daher wacher, fitter, leistungsfähiger.“

* Die Haut wird straffer, da Alkohol der Haut Wasser entzieht diese dadurch leichter altert. Das hat wiederum zur Folge, dass sich Falten bilden und die Haut generell unreiner wird.

* Die Leber beginnt sich zu erholen. „Auch schon geringen Mengen an Alkohol können das Risiko für Zellschäden an der Leber erhöhen“, sagt Georg Poppele, Sprecher des Arbeitskreises Qualifizierter Entzug. Jarmila Mahlmeister: „Wenn die Leber durch Alkoholverzicht entlastet wird, baut sie sofort eingelagerte Fette ab. Die Triglyceride reduzieren sich schon nach wenigen Tagen, bei den Cholesterinwerten dauert es länger. Aber generell erholt sich unsere Leber verblüffend schnell.“

Sechs bis acht Wochen ohne Alkohol

* Stabilisierung und Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit.

* Die Blutwerte verbessern sich noch mehr.

* Nachweisbare Schäden der Leber wie etwa alkoholbedingte Entzündungen oder Fettleber beginnen sich zurückzubilden.

Drei Monate ohne Alkohol

* Der Geist wird noch klarer als er noch in den erste Wochen war.

* Das Selbstbewusstsein steigert sich noch mehr, ebenfalls der Antrieb um selbstgesteckte Ziele zu erreichen.

* Man beginnt, einen Spaß an seiner Nüchternheit zu entwickeln.

* Viele entdecken in dieser Zeit neue Hobbys, knüpfen neue soziale Kontakte und entwickeln für sich ein neues Lebenskonzept.

Ein Jahr ohne Alkohol

* Stoffwechsel und Fettverbrennung funktionieren viel schneller, man fühlt sich leistungsfähig genug, um den Alltag mühelos zu bestehen.

* Man schläft meist sehr tief und entspannt.

* Mehr Aktivität und Fitness führen zu einem optimalen Körpergefühl.

Die Chefärztin der Betty-Ford-Klinik Jarmila Mahlmeister in Bad Brückenau in Deutschland bringt es auf den Punkt: „Wer ein ganzes Jahr lang keinen Alkohol getrunken hat, kann eigentlich auch in Zukunft sehr gut darauf verzichten. Auch wenn Alkohol bei uns in vielen gesellschaftlichen Situationen „dazu“ gehört, bedeutet der Verzicht keinen Verlust an Lebensqualität.“