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Verkehrspsychologin im „Alk-Info“-Interview:
Mit 3,48 Promille auf dem Moped

von Werner Schneider

Die Verkehrspsychologin sieht in ihrem beruflichen Alltag nur jene Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind. Mag. Carmen Prabitz spricht über Promillerekorde und Schuldeinsicht.

Mag. Carmen Prabitz„Alk-Info“: Frau Magister Prabitz - gibt es den oder die typische Alko-SünderIn, sind es eher junge Leute oder schon die etwas ältere Generation?
Mag. Carmen Prabitz: Also an und für sich ist das durchmischt. Wenn man sich die Statistik anschaut, sind es eher jüngere. Zu den Nachschulungskursen und zu den Verkehrspsychologischen Untersuchungen kommen Leute zwischen 17 und etwa 75 Jahren. Die älteste Person, die ich zu einem Test gehabt habe, war 92 Jahre alt. Wo es darum gegangen ist, ob der seinen Führerschein behalten darf oder nicht.

Was sind die Durschschnittspromille, mit denen Leute zur Nachschulung müssen?
Das ist schwer zu sagen. Es gibt ja gesetzliche Auflagen, wonach Probeführerscheinbesitzer ab einer Alkoholisierung von 0,1 Promille zur Nachschulung müssen, alle jene, die keinen Probeführerschein haben, ab 1,2 Promille. Das heißt, es sind hauptsächlich Personen, die mehr als 1,2 Promille im Straßenverkehr gehabt haben, das geht hinauf bis drei Promille ungefähr. Das Höchste, was einmal bei mir in der Nachschulung war, war ein Herr, der ist mit dem Moped alkoholisiert gefahren. Der hat zuhause Alkohol getrunken, dann sind ihm die Zigaretten ausgegangen, er wollte fahren und welche holen und ist mit 3,48 Promille angehalten worden. Das ist im Straßenverkehr. Ich messe aber auch in der Nachschulung, da muss ebenfalls ein Alkomattest gemacht werden. Dabei war das höchste, was ich gemessen habe, 1,6 Promille, das war ein junger Herr, der war unter 20 Jahre alt. Obwohl die Leute vorher angeschrieben werden und die Information bekommen, dass sie nüchtern kommen sollen. Und zur verkehrspsychologischen Prüfung ist letztens ein Herr mit drei Promille um neun Uhr früh erschienen.

Um soviel trinken zu können, muss man an regelmäßigen Alkoholkonsum gewöhnt sein oder bereits ein massives Alkoholproblem haben. Sehen die Leute diese Problematik ein?
Ich würde sagen: Großteils nicht. Ich zitiere da immer die Literatur. Und da gibt es ja auch Versuche, was der gesellschaftliche Promillewert ist. Wenn zu Beispiel eine Feier stattfindet dann weiß man, dass die Masse der Leute maximal zwischen 0,8 und einem Promille hat, also alles darüber ist jedenfalls schon auffällig.

Empfehlen Sie Leuten auch eine Alkoholbehandlung, zum Beispiel einen Entzug, wenn Sie so extrem hohe Werte wie 3,48 Promille hören?
Wir können das nur empfehlen, die Auflagen kann nur die Behörde erteilen, das ist dann ja auch eine medizinische Diagnose, die können wir nicht erstellen. Ich sage dann: ‚Gehen Sie zu Ihrem Hausarzt, reden Sie darüber, Sie müssen da etwas tun.‘ Aber wie wir wissen, ist das beim Alkohol ein riesiges Problem, weil es ja zur Krankheit dazugehört, dass man diese Einsicht nicht hat.

Welche Zukunftsprognosen gibt man als Psychologin einem Alkohollenker oder einer -lenkerin, die bereits drei oder mehr Führerscheinentzüge hinter sich haben?
Natürlich ist die Prognose umso schlechter, umso mehr Vorfälle es sind. Es kommt aber immer darauf an, wie viele Delikte passiert sind, wie hoch die Alkoholisierungen waren, welche Veränderungen es gibt, ob der- oder diejenige etwas tut, um sein Problem in den Griff zu bekommen oder nicht, das kann man jetzt nicht so generalisieren. Natürlich: Wenn jemand seinen Alkoholkonsum nicht verändert, dann ist die Prognose sehr schlecht.

Wie groß ist die Zahl derer, die sich uneinsichtig zeigen und sich nur als Opfer Sehen?
Ich würde sagen bei jenen, die wegen Alkoholdelikten in den Nachschulungen sitzen, ist der Großteil schuldeinsichtig. Also sie wissen, dass sie einen Fehler gemacht haben und das ist ihnen voll bewusst. Aber es gibt natürlich welche die sagen: ‚Die Polizei ist schuld, die ist für mich am falschen Tag am falschen Fleck gestanden‘ – das ist die Minderheit. In der Regel ist es diesen Leuten wesentlich mehr bewusst also solchen, die viel zu schnell fahren.

Halten sie eine 0,0-Promille-Regelung, wie es sie in anderen europäischen Staaten gibt, in Österreich für sinnvoll?
Das diskutieren wir immer wieder in den Nachschulungen und die Leute sagen, es wäre für sie einfacher, wenn es eine 0,0-Regelung gäbe, denn dann wäre für sie klar, dass man nicht ein mal ein einziges alkoholisches Getränk trinken darf. Aber für mich stellt sich die Frage nicht, weil für mich ohnehin klar ist, dass man nur mit 0,0 Promille mit dem Auto fährt. Aber ich denke es wär‘ für jene, die schon durch ein Alkoholdelikt aufgefallen sind, eine durchaus sinnvolle Maßnahme. Das ist natürlich eine politische Entscheidung, der Gesetzgeber gibt das vor – aber man kann das diskutieren, durchaus.

Wird genug in Sachen Alkoholprävention und Aufklärung genug bei den jungen Leuten getan, wenn man an den Begriff ‚Komasaufen‘ denkt?
Naja, das ist kein medizinischer Begriff sondern ein Medienbegriff. Ich glaube, da müsste man sich die Fälle genauer anschauen. Die Jugendlichen, die mit dem Auto fahren, haben sehr wohl ein Bewusstsein zum Thema Alkohol, es wird auch in den Fahrschulen schon unterrichtet, das war vor 20 Jahren noch nicht so intensiv. Das Bewusstsein hat sich jedenfalls verändert, auch durch den Probeführerschein, der 1992 eingeführt worden ist, mit dieser 0,1-Promille-Auflage. Es organisieren sich wesentlich mehr in Fahrgemeinschaften als das früher einmal war, ich glaube daher schon, dass sich etwas verändert hat. Mit dem ‚Komasaufen‘ das ist ein Problem, vor allem weil die Leute immer jünger werden, und dass die Alkoholisierungen extrem sind. Nur kann man 2,0 Promille nicht erreichen, wenn man vorher nie Alkohol getrunken hat, da hätte man eine Alkoholvergiftung. Das heißt, dass die jungen Leute schon öfter vorher Alkohol getrunken haben und man muss sich da die Hintergründe ansehen, ob nicht auch in der Familie extrem Alkohol getrunken wird und ähnliche Dinge. Da müsste man aber eher in der Kinderklinik nachfragen. Das sind 12 – 15jährige, die sehe ich ja nicht.

Ich wollte wissen, was Sie als Psychologin für eine Meinung dazu haben.
Ich habe bei einem Präventionsprojekt mitgemacht in unserer Gemeinde und wir haben Jugendliche verschiedenen Alters in verschiedene Geschäfte geschickt, um zu testen, ob sie dort Alkohol bekommen oder nicht. Wir haben jemand, der fünf Tage vor dem 18. Geburtstag geschickt, er soll eine Flasche Schnaps kaufen. Da gibt es ja Große und Kleine in dem Alter und wir sind draufgekommen, dass sie bei den großen Handelsketten überhaupt keine Chance haben. Bei manchen kleineren Betrieben haben sie sehr wohl etwas bekommen. Großteils ist das Bewusstsein bei den Firmen und den VerkäuferInnen schon da. Aber natürlich ist das auch kein Problem, man kann einen Älteren mit dem Ausweis hinschicken und der kann das für die Jüngeren mit besorgen.

Mag. Carmen Prabitz, 44, ist freie Psychologin und seit 1998 als Verkehrspsychologin tätig. Spezialgebiet Nachschulungen und verkehrspsychologische Prüfungen.

Foto: Werner Schneider (1)

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