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Schweiz errechnet Kosten für Alkohol bei der Arbeit
Eine Milliarde Franken geht den Unternehmen verloren

von Werner Schneider

In Österreich hat man errechnet, dass Alkoholismus die Sozialträgerorganisationen jährlich etwa 375 Millionen Euro kostet. Unsere Nachbarn, die Eidgenossen, haben nachgeschaut, welcher Schaden durch Alkohol am Arbeitsplatz entsteht und kommen auf die horrende Summe von einer Milliarde (!) Franken (etwa 810 Millionen Euro). Die Studie „Alkoholbedingte Kosten am Arbeitsplatz“ (im Rahmen von „Nationales Problem Alkohol“ kurz NPA 2008-2012) von Marco Krauer und Barbara Kuli (beide Bundesamt für Gesundheit) ist nur eine von vielen, die in der Schweiz für Kostentransparenz sorgt.

Milliarde Franken wegen Alkoholbedingte Kosten am ArbeitsplatzBemerkenswert an der Arbeit ist, dass die verschiedenen Faktoren, die dazu führen, dass Alkoholkrankheit zum kostspieligen Faktor wird, untersucht werden. Neben den „normalen“ Problemen, die Alkoholismus hervorruft, wie etwa gestörte Familienverhältnisse, gesundheitliche Probleme usw. wird herausgestrichen: „Zudem ist Alkohol oftmals ein Begleitfaktor für aggressives Verhalten, das in verschiedenen Formen auftreten kann. Alkohol gehört zu den fünf wichtigsten (sic!) Krankheitsfaktoren in der Schweiz.“
Man will mit dem NPA nicht nur die Reduktion des problematischen Alkoholkonsums thematisieren und in einem sieben Oberziele umfassenden Programm das Problem in der Gesellschaft und im persönlichen Umfeld der Betroffenen thematisieren, sondern „namentlich am Arbeitsplatz“ ein Umdenken hervorrufen.
„Aufgrund älterer Studien wird davon ausgegangen, dass übermäßiger Alkoholkonsum negative Auswirkungen vor allem auf die Fehlzeiten, die Produktivität und die Unfälle am Arbeitsplatz hat. Die Literatur zu dieser Thematik ist oft lückenhaft oder veraltet. So wurde zum Beispiel in einer US-amerikanischen Studie von 1970 errechnet, dass Alkoholkonsum am Arbeitsplatz zu einem Produktivitätsverlust von 25% führt.“ Diese mehr als 40 Jahre alten Zahlen wollten die Schweizer nicht kommentarlos übernehmen und recherchierten vor allem bei jenen, die unmittelbar mit dem Problem konfrontiert sind, bei den Firmen selbst. „Dazu wurden Personalverantwortliche von rund 1300 Unternehmen aus dem 2. und 3. Sektor (Klein- und Mittelbetriebe bis mittlere Industrie, Anm.) befragt, da diese am besten über die Absenzen, Produktionseinbußen und Unfälle ihrer ArbeiterInnen Bescheid wissen (Fremdeinschätzung).“
Volkswirtschaftliche Kosten
Ziel dieser Methode ist es: „ArbeitgeberInnen sollen für die Alkoholproblematik sensibilisiert und dazu motiviert und befähigt werden, frühzeitig auf Alkoholprobleme von MitarbeiterInnen zu reagieren sowie Alkoholprävention zu fördern.“ Das klingt selbstverständlicher als es ist. Gerne wird bei einem/ einer guten Mitarbeiter/in toleriert, dass der Griff zum Glas auch in der Arbeitszeit erfolgt. Erst wenn deutliche Fehlleistung auftreten wird – dann mit Androhungen - reagiert. Das allgemeine Alkoholverbot am Arbeitsplatz nützt soviel wie seine tatsächliche Einhaltung. Spiegeltrinker können recht lange von ihrer Sucht ablenken und sie im Verborgenen halten. „In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, wie viele Personen in welchen Unternehmen betroffen sind und wie groß die volkswirtschaftlichen Kosten sind, die dadurch anfallen, sei es durch Fehlzeiten, Unfälle, fehlerhafte Tätigkeiten oder Imageschaden.“ Letzterer Punkt wird oft übersehen: MitarbeiterInnen, die etwa im Außendienst durch „Fahne“ oder sichtlich überhöhten Alkoholkonsum („Trinken wir ein Glaserl während wir das besprechen…“) auffallen, schaden dem Dienstgeber, das Unternehmen wird als weniger seriös angesehen. Ein nicht unmittelbar bezifferbarer Schaden.
Leistungsminderung
Und so kommt die Studie doch zu abweichenden Zahlen, als die in der obigen US-amerikanischen beschriebenen von 1970: „Über ein Drittel (sic!) der befragten Unternehmen beschäftigt MitarbeiterInnen mit einem problematischen Alkoholkonsum.“ Mit entsprechenden Leistungs- und Produktivitätsminderungen.
Die angestrebte Sensibilisierung scheint zu greifen: „36% der Unternehmen, die Angestellte mit problematischem Alkoholkonsum beschäftigen, haben ein Präventivprogramm umgesetzt oder haben eines in Planung.“ Was – rein rechnerisch – bedeutet: „ Mehr als 70% dieser Unternehmen ziehen eine positive Kosten-Nutzen-Rechnung aus den Präventionsprogrammen, welche vor allem zu einem besseren Arbeitsklima, sowie zu einer Reduktion von Alkoholproblemen, Fehlzeiten und Unfällen beitragen. Alkoholbedingte Kosten lassen sich durch Präventionsprogramme reduzieren…“
Wobei die Schweizer nicht dazu neigen, wie etwa gelernte Österreicher, diese Prävention den Institutionen der öffentlichen Hand aufzubürden: „Es liegt in der Verantwortung der ArbeitgeberInnen, dem Risiko des problematischen Alkoholkonsums Rechnung zu tragen und klare Regeln zu schaffen.“

Grafik: Thomas Frohnwieser (1)