Alkohol und Energydrinks
Voll beflügelt in die Sucht

von Harald Frohnwieser

Sie schmecken süß, sie puschen auf, sie machen fit. Energy-Drinks machen munter und sorgen dafür, dass man bei der Arbeit, beim Sport oder bei Partys länger durchhält. Doch jeder zweite Erwachsene und wohl auch viele Jugendliche mischen ihre Drinks mit Alkohol, was freilich sehr riskant ist. Denn, wie Energy-Drinks und Alkoholmehrere Studien jetzt ergeben haben, bedeutet dies einen Einstieg in eine Alkoholabhängigkeit. Aber nicht nur Suchtexperten, sondern auch Kardiologen beobachten diese Entwicklung mit großer Sorge. Denn immerhin kam es nach dem Konsum dieser Drinks, die mit Alkohol gemixt wurden und so das Herz zu sehr belasteteten, zu einigen Todesfällen.

Dass einem nach dem Konsum keine Flügeln wachsen ist seit Herbst 2014 amtlich. Red Bull zahlte 13 Millionen Dollar wegen irreführender Werbung in einen Fonds, um eine Massenklage in den USA zu vermeiden. Doch dass man nach dem Genuss des Drinks tatsächlich durch die Lüfte schweben kann, werden ohnehin die wenigsten Konsumenten erwarten. Dass man aber lange wach bleiben kann hingegen schon. Und auch, dass man für die Arbeit, den Sport oder die Party körperlich fit bleiben werde.
Doch bei vielen Konsumenten bleibt es nicht bei demEuropäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) koffeinhaltigen Muntermacher allein, sie mixen ihn auch mit Alkohol, um noch länger durchhalten zu können. Eine Mischung, die vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr beliebt ist, immerhin praktiziert dies jeder zweite Erwachsene, wie eine große Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) ergab. Eine Mischung, die sehr riskant ist. Laut Beobachtungsstudien kann dieser Mix einen Einstieg in eine Alkoholabhängigkeit bedeuten. Denn man wird nicht schläfrig und hört daher mit dem Trinken von Alkohol nicht auf, was wiederum vor einer Vergiftung schützt, sondern man bleibt wach und trinkt im wahrsten Sinne des Wortes munter weiter. US-Studien an Studenten, die Energy-Drinks mit Alkohol mischen, haben darüber hinaus ergeben, dass sie öfter ihre Kommilitoninnen sexuell belästigen, öfter mit einem alkoholisierten Fahrer im Auto mitfahren und sich häufiger verletzen.
Problembewusstsein nicht vorhanden
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Deutschland ermittelte 2014 genaue Zahlen. In Clubs, aufStrukturformel von Coffein Musikveranstaltungen, bei Sportevents und auf diversen LAN-Partys wurden mehr als 500 Personen befragt, die regelmäßig eine große Menge Energy-Drinks konsumieren und als sogenannte „Hochverzehrer“ bezeichnet werden. Beim Tanzen in den Clubs tranken diese Menschen binnen 24 Stunden einen Liter dieser Koffeinbomben gemixt mit Alkohol, hauptsächlich Wodka. Bei den sogenannten LAN-Partys, wo die Teilnehmer bis zu 48 Stunden wach bleiben, werden in einigen Fällen bis zu fünf Liter solcher Mischungen binnen 24 Stunden gekippt.
Vor allem junge Männer zwischen 20 und 25 Jahren fallen in diese Gruppe. „Das Problembewusstsein ist nicht da und die Verzehrempfehlungen werden nicht beachtet“, zieht Anke Ehlers vom BfR Bilanz. Und weiter: „Das gesundheitliche Risiko besteht nicht darin, dass jemand ab und zu eine Dose trinkt, sondern vor allem in dem hohen Konsum, und speziell im Zusammenhang mit sportlicher Betätigung oder Alkohol.“
Aufputschende Wirkung war tödlich
Wie problematisch der Mix aus Alkohol und Energydrinks tatsächlich ist, zeigt ein neues Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority), kurz EFSA genannt. Die beiden in den Energy-Drinks vorhandenen Stoffe Taurin und D-Glucurono-gamma-lacton sind unbedenklich, sie kommen in geringen Mengen auch im menschlichen Körper und in Lebensmitteln vor. Die negativen Auswirkungen seien, so die Behörde, vor allem auf die hohen Mengen an Koffein zurückzuführen. Aus den USA ist der Fall einer 19-Jährigen bekannt, die an einem Abend sechs Energy-Drinks mit Wodka zu sich nahm und danach keinesfalls betrunken wirkte. Am nächsten Morgen wurde die junge Frau tot in ihrem Bett aufgefunden. Eine Obduktion ergab einen Wert von lediglich 0,87 Promille Alkohol im Blut. Wie in anderen ähnlichen Fällen gab es auch hier keine Vorerkrankungen. Somit lag der Verdacht nahe, dass die aufputschende Wirkung der Energy-Drinks tödliche Herzrhythmusstörungen verursacht hatte.
„Der gleichzeitige Konsum von Alkohol und Energiegetränken kann zu einer Fehleinschätzung der eigenenBundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Leistungsfähigkeit führen“, warnt Miriam Ewald vom BfR, da der stimulierende Effekt von Energy-Drinks den eigenen Alkoholisierungsgrad maskieren kann. Die Folge davon ist, dass man mehr Alkohol trinkt, als man vertragen kann, was wiederum zu einer Abhängigkeit führen kann. Lässt dann die aufputschende Wirkung der koffeinhaltigen Getränke nach, kann es meist sehr gefährlich werden. Erbrechen im Schlaf und Atemdepressionen mit lebensgefährlichen Auswirkungen sind oft die Folgen. Zudem verzögert die dehydrierende Wirkung von Koffein außerdem den Abbau von Alkohol im Körper und verstärkt seine Toxizität.
Keine Energy-Drinks für Kinder und Jugendliche
Mit Sorge beobachten Gesundheitsexperten in Deutschland, dass jedes fünfte Kind zwischen acht und zehn Jahren schon einmal einen Energy-Drink getrunken hat, jeder sechste der jungen Konsumenten trinkt sogar vierLitauen bis fünf Dosen die Woche. Zwar müssen jetzt Warnhinweise für Kinder, Schwangere und Stillende auf den Dosen angebracht werden, aber ob Kinder diese lesen, ist mehr als fraglich. Und wenn die Pubertät einsetzt und die Heranwachsenden beginnen, mit Alkohol zu experimentieren, kann es dann wirklich gefährlich werden. Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) plädiert daher für ein Verkaufsverbot der Getränke an Kinder und Jugendliche, da diese besonders empfindlich auf Koffein reagieren und bei ihnen Herzrasen, Bluthochdruck, Übelkeit und Krämpfe hervorrufen kann. Litauen hat als erstes Land darauf reagiert und den Verkauf von Energy-Drinks an Minderjährige verboten. Ob andere Staaten mitziehen, wird sich weisen.

Logos: Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (1), Bundesinstitut für Risikobewertung (1) Grafik: Thomas Frohnwieser (1)