Gerard Butler ist ein seit Jahren trockener Alkoholiker
„Der, den ich sah, wollte ich nicht sein…“

von Harald Frohnwieser

Er hat alles, wovon ein Mann träumt. Er sieht gut aus, hat Erfolg - und schöne Frauen, zu denen Naomi Campbell ebenso zählte wie Cameron Diaz oder Jennifer Aniston. Zudem wird er als neuer James Bond-Darsteller gehandelt. Dennoch gibt es einen wunden Punkt im Leben von Gerard Butler: Der „Gods of Egypt“-Star, der am 13. November 1969 in Glasgow, Schottland, zur Welt kam, hatte vor vielen Jahren ein großes Alkoholproblem. Die Sucht bestimmte jahrelang sein Leben und ruinierte seine beginnende Anwaltskarriere. Gerard Butler (2011)Dazu kam, dass er später auch noch abhängig von Schmerzmitteln wurde. Doch Butler gelang es, sich selbst – und wohl auch mit Hilfe der renommierten Betty-Ford-Klinik – aus dem Sumpf zu ziehen. Heute kann er ohne Scheu und ganz offen über diese Zeit sprechen.

Auf Partys geht er immer noch gerne, auch wenn er nur alkoholfreie Drinks ordert. „Ich bin ein sehr geselliger Mensch, der gern ausgeht und unter Leuten ist“, beschreibt sich Gerard Butler in einem Interview mit der Zeitschrift „Playboy“ selbst, „und natürlich geht man dann nach Feierabend auch mal einen trinken.“ Angefangen hat es so wie bei allen anderen auch, mit nur wenig Alkohol: „Zwei, drei Bier waren auch nie das Problem, aber ich habe nach einiger Zeit einfach weiter getrunken. Ich bin nicht nur einmal in einem fremden Bett aufgewacht oder blutverschmiert im Rinnstein – und hatte nicht den leisesten Schimmer, wie ich da hingekommen war.“
Gerard Butler kam zwar in der schottischen Stadt Glasgow zur Welt, aufgewachsen ist er aber in der als jüngstes Kind seiner Eltern in der Kleinstadt Paisly, wo seine Mutter zu Hause war. Einen Teil seiner Kindheit verbrachte er gemeinsam mit seiner Familie auch in Kanada. Nach der Scheidung seiner Eltern – den Vater sah er erst nach einigen Jahren wieder, als er 16 war – kam er wieder zurück nach Schottland, wo er nach der Schule auf der Universität Glasgow Jura studierte. Mit einem solch großen Engagement, dass er zum Präsidenten der Vereinigung der Jurastudenten gewählt wurde. Zusätzlich zur Uni absolvierte der Schotte eine Ausbildung in einer der bestrenommierten Anwaltskanzleien Glasgows. Doch damit war kurz vor dem Ende der Ausbildung Schluss, da er – aufgrund seiner Sauftouren – zu oft zu spät kam.
Große Leere – und viel Alkohol
Jahre später blickte er im „Playboy“-Interview auf diese Zeit zurück: „Mich hat mein Studium und vor allem die Leute, diese sogenannten angehenden Juristen, total angekotzt. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich war ziemlich gut in dem, was von mir verlangt wurde. Aber ich bin immer weniger mit dem super oberflächlichen Lebensstil klargekommen, der in diesen Kreisen an der Tages- und vor allem Nachtordnung war.“ Dennoch gelang es dem jungen Schotten, den Schein zu wahren, auch wenn er dabei sehr unglücklich war. Butler: „Dazu kamen dann noch jede Menge Alkohol und Drogen – wohl auch, um diese Leere in mir zu übertünchen.“
Als seine Anwaltskarriere zu Ende war noch bevor sie richtig begonnen hatte, vertraute sich der orientierungslose junge Mann eines Abends an dem Tresen eines Pubs seinen Kumpels an und sagte ihnen, dass er Schauspieler werden wolle. „Das hat mich richtig große Überwindung gekostet“, erinnerte er sich später daran, „die Jungs haben zuerst gedacht, ich mache einen Witz. Denn abgesehen davon, dass sie – außer Sean Connery – einen einzigen schottischen Schauspieler kannten, fanden sie meine Berufswahl irgendwie unmännlich.“
Spiegelbild mit Folgen
Ernst wurde es mit der Schauspielerei, als ihn in einem Café in London – wohin Butler Anfang der 1990er-Jahre übersiedelte – vom Schauspieler Steven Berkoff angesprochen wurde, der ihm prompt einen Bühnenauftritt in dem Stück „Coriolanus“ verschaffte. Zu diesem Zeitpunkt war Butler bereits trocken: „Irgendwann habe ich mich im Spiegel angeschaut und mich nicht wiedererkannt. Der, den ich da sah, wollte ich nicht mehr sein.“ Das Spiegelbild, das ihm entgegenblickte, muss ein derartiger Schock für den späteren Star gewesen sein, dass er beschloss, sein Leben drastisch zu ändern. „Ich habe von einem Tag auf den anderen mit dem Trinken aufgehört. Und ich nehme auch keine Drogen mehr“, bekennt er mehr zufrieden als stolz.
Das Theaterstück „Coriolanus“ wurde bald darauf unter dem Titel „Trainspotting“ verfilmt, und Butler durfte darin mitspielen. Doch seine erste Filmrolle hatte er kurz vorher in dem Streifen „Ihre Majestät, Mrs. Brown“ im Jahr 1997. Und wurde kurzfristig sogar zum Helden im echten Leben. Der damals 28-Jährige hatte während der Dreharbeiten ein paar Tage Urlaub, die er daheim in Schottland verbrachte. Als er am Ufer eines Flusses ein wenig vor sich hin döste, hörte er plötzlich die Schrei eines kleinen Jungen, der im Wasser trieb und zu ertrinken drohte. Ohne viel zu überlegen sprang Butler ins Wasser und zog den Buben heraus. Dafür erhielt er eine Tapferkeitsurkunde der „Royal Humane Society“.
Action und emotionale Tiefe
Noch im selben Jahr, 1997, konnte sich Butler einem weltweiten Publikum in dem James Bond-Film „Der Morgen stirbt nie“ mit Pierce Brosnan als 007 präsentieren. Seitdem wirkte er in vielen internationalen Produktionen mit, darunter „Talos – Die Mumie“, „Attila - Der Hunne“, „Lara Croft: Tomb Raider – Die Wiege des Lebens“, „Timeline“, „300“, „Gesetz der Rache“ oder „Gods of Egypt“. Zwar dreht der mittlerweile längst zum begehrten Star gewordene Schauspieler meist in Action-Filmen mit, aber die wahre Herausforderung sieht er in einem anderen Genre. „Jeder kann doch mit einer Pistole bewaffnet aus einem Auto springen, einen Purzelbaum schlagen und dabei Platzpatronen abfeuern. Aber nicht jeder kann Dialoge so sagen, dass sie glaubhaft klingen und dem Zuschauer sogar unter die Haut gehen“, sagt er. Und: „Ich will ja keine Klischee-Figuren abliefern, sondern echte, dreidimensionale Charaktere auf die Leinwand bringen. Figuren, die eine emotionale Tiefe haben und prallvoll mit Leben sind.“
„Ich vermisse den Alkohol nicht“
Ums Leben, oder besser gesagt ums Überleben, ging es dann auch, als der Actionheld für den Film „Mavericks – Lebe deinen Traum“ an der Küste Kaliforniens einige Surfer-Szenen drehte, als ihn eine gewaltige Welle vom Brett riss und auf ein Felsenriff schleuderte. „Wäre nicht dieser mutige Typ von der Wasserwacht gewesen, ich wäre wohl ersoffen“, blickte er im „Playboy“mit Schaudern zurück. Doch Butler ist hart im Nehmen, fast nichts kann ihn aus der Bahn werfen. Doch private Tragödien wären schrecklich für ihn. Wenn Menschen, die er liebt, sterben würde.
Oder wenn der Alkohol ihn wieder im Griff hätte. Doch darüber denkt er gar nicht nach: „Ich vermisse den Alkohol nicht. Es ist, als wenn ich nie getrunken hätte.“ Wie eingangs gesagt, lässt sich der coole Typ mit dem weichen Herzen das Leben nicht vermiesen und geht nach wie vor gerne auf Partys: „Viele ehemalige Trinker finden das Leben dann ja sterbenslangweilig. Ich nicht. Denn ich habe dieses selbstzerstörerische Dasein mit dem schönsten Beruf eingetauscht, den es gibt.“

Foto: commons.wikimedia.org / Siebbi (1)