Bitte beweisen Sie, dass Sie ein Mensch sind !

Liebes Alk-Info-Team!

Ich habe heute meinen Mann zwecks Alkoholentzug in die Therapie-Klinik gebracht. Wir sind seit zehn Jahren ein Paar und haben vor zwei Jahren geheiratet. Er hat schon immer getrunken (und das täglich), aber es wurde immer mehr und immer exzessiver. Ich wollte mich scheiden lassen, obwohl ich ihn über alles liebe. Ich hatte einfach Angst daran zugrunde zu gehen. Endlich hatte er sich entschlossen einen Entzug zu machen.
Nur verstehe ich mich selbst nicht mehr. Als ich ihn heute mit Sack und Pack dort „abgeliefert“ habe, hat es mir fast das Herz zerrissen und ich wollte ihn am liebsten wieder mit nach Hause nehmen.
Als er so verloren auf seinem Bett gesessen hat und beim Abschied so bitterlich geweint hat, wollte ich ihn schnappen und mit ihm weglaufen.
Endlich ist das passiert, was ich mir seit Jahren wünsche, und dann solche Gefühle und Gedanken meinerseits?!?!
Ist so etwas normal??
Es ist leider so, dass ich den Eindruck hatte, das die nächste Zeit nichts passiert! Bis Montag keine Therapie oder irgendetwas.
Ich denke dauernd an ihn und könnte nur heulen - das ist doch verrückt!
Nun zu meiner Frage: Geht es anderen Frauen auch so? Oder bin ich einfach nur „gestört“?

Liebe Birgit,

Sie sind ganz sicher nicht gestört, denn solche Gefühle, die ich gut verstehen kann, sind, so glaube ich, ganz normal. Immerhin haben Sie als Angehörige eines Alkoholikers sicher jahrelang eine Art Verantwortung für ihren Mann übernommen, sind ihm zur Seite gestanden und haben sich gewünscht, dass er einen Entzug macht. Und nun, wo es so weit ist, haben Sie das Gefühl, ihn allein mit seinen Problemen zu lassen, ihn fremden Menschen anzuvertrauen. Das erzeugt eine verständliche Unsicherheit, noch dazu, wo Ihr Mann selbst gefühlsmäßig durcheinander ist und sicher auch eine Angst davor hat, was auf ihn jetzt wohl zukommen mag. Aber glauben Sie mir, in der Klinik sind Experten für Ihren Mann da, die ihm sicher weiterhelfen werden. Einen großen Schritt hat er ja schon getan, indem er sich für eine Therapie entschied. Gratulation, denn dieser Schritt ist nicht einfach!
Dass erst am Montag mit der Therapie begonnen wird, hat, so glaube ich, den Grund, dass sich Ihr Mann erst mal klimatisiert, seine neue Umgebung auf sich einwirken lässt und ein paar Tage Zeit hat, seine Gedanken zu ordnen.
Vielleicht sollten auch Sie eine Hilfe in Anspruch nehmen. Die Selbsthilfegruppen für Angehörige von Alkoholikern Al-Anon (siehe auch „Der lange Weg des Vertrauens“) hat schon vielen Menschen geholfen, ebenso die Selbsthilfegruppen vom Blauen Kreuz (siehe auch „Die Schwerarbeit beginnt mit der Trockenheit“). Hier könnte vielleicht auch Ihre Frage, ob es anderen Frauen auch so wie Ihnen ergeht, beantwortet werden.