„Friends“-Star Matthew Perry hilft Süchtigen
Ein preisgekrönter Alkoholiker

von Harald Frohnwieser

Zehn Staffeln lang ging es in der von 1994 bis 2004 produzierten US-Serie „Friends“ um Liebe, Sex, Beziehungen, Freundschaft und Karriere. Schon kurz nach dem Start schlug die Sitcom bei den Zuschauern ein wie eine Bombe. Und ginge es nach der riesigen, weltweiten Fan-Gemeinde, dann würde der TV-Hit wohl auch heute noch produziert werden. Mit dabei waren u.a. Jennifer Aniston, Courteny Cox, Matt LeBlanc, David Schwimmer und Matthew Perry als Chandler Bing. Was die Kollegen anfangs nicht wussten: Perry war süchtig nach Opiaten und Alkohol. Nach mehreren Versuchen gelang es dem gefallenen Star, 2011 trocken und clean zu werden. „Ich war ein kranker Typ“, nahm er mittlerweile zu seiner Vergangenheit öffentlich Stellung. Nun hilft der Star von einst Menschen, die ebenfalls ein Alkoholproblem haben.

Matthew Perry in „The Odd Couple“ (2015)Erfolg beflügelt, Erfolg macht attraktiv, Erfolg lockt Freunde in Scharen an. Doch trotz der vielen „Friends“ blieb der 1969 im US-Bundesstaat Massachusetts geborene Matthew Langford Perry einsam. Einsam deshalb, weil der Schauspieler während der Dreharbeiten an der Alkoholsucht erkrankte, es aber nicht wagte, sich jemandem anzuvertrauen. „Meistens trank ich Alkohol und nahm auch noch Opiate dazu. Ich war aber ziemlich gut darin, es zu verheimlichen, aber letztendlich wussten es die Leute dann doch“, nahm der mittlerweile von seiner Sucht genesende Perry zu seiner Vergangenheit in einem Interview Stellung.
Geboren wurde Matthew Perry als Sohn des Schauspielers John Bennett Perry in Williamstown, Massachusetts. Nach der Scheidung seiner Eltern heiratete seine Mutter einen Nachrichtensprecher bei NBC und zog mit ihm und dem kleinen Matthew nach Ontario in Kanada. Mit 15 zog der Junge nach Los Angeles, wo sein Vater lebte, um hier die High School zu besuchen. Bei diversen Schulaufführungen entdeckte er sei schauspielerisches Talent. Schon bald bekam Perry kleinere Rollen in diversen US-Serien und schließlich die Hauptrolle in der TV-Serie „Boys Will Be Boys“. Weitere Serien folgten und 1988 schaffte er mit dem Streifen „Jimmy Reardon“ auch den Sprung ins Filmgeschäft. Der große internationale Durchbruch kam freilich erst 1994, als man ihm die Rolle des Chandler Bing anbot.
Alkohol und Opiate
1997 war Matthew Perry ganz oben. Seine Serienrolle in „Friends“ hatte ihn weltberühmt gemacht und er bekam die Hauptrolle in dem Kinofilm „Fools Rush In – Herz über Kopf“ mit Salma Hayek als Partnerin. Doch noch während der Dreharbeiten hatte der damals 28-Jährige einen schweren Unfall und musste an der Bauchspeicheldrüse operiert werden. „Ich hatte große Schmerzen, und mein Arzt gab mir ein Medikament und sagte, dass ich das nehmen soll. Ich fühlte mich so gut wie noch nie in meinem Leben.“ Der Grundstein zu einer ausgeprägten Tablettensucht war gelegt, dazu kam, dass Perry zu den Medikamenten auch sehr viel Alkohol trank. „Ich konnte damit einfach nicht mehr aufhören“, bekannte Perry später gegenüber den Medien. Die Folge davon war, dass der einsame Star auch während der Dreharbeiten zu „Friends“ ständig betrunken war.
Zwei Flaschen Wodka täglich
„Ich war bei ,Friends' als ich 24 bis 34 Jahre alt war. Ich war auf dem Höhepunkt meines Ruhms. Wir sechs Hauptdarsteller waren die ganze Zeit zusammen und von der Außenperspektive könnte man meinen, ich hatte einfach alles“, blickt Perry zurück. Aber die Sucht hatte ihn fest in ihren Krallen. Die Fesseln zu lösen war nicht einfach, von zwei Flaschen Wodka und an die 30 Schmerztabletten täglich auf Null zu kommen benötigt viel Kraft, die der Schauspieler alleine nicht aufbringen konnte. Verzweifelt versuchte er 1997 einen 28-tägigen Entzug in einer Klinik, aber: „Du kannst so ein Problem nicht in vier Wochen lösen.“ Vier Jahre später folgte der zweite Versuch, aber auch dieser Anlauf ging ins Leere. Perry: „Ich bin ein sehr zurückhaltender Mensch, aber ich war in einer TV-Serie, die 30 Millionen Menschen alleine in den USA gesehen haben. Die Leute wussten es also, es war öffentlich zu sehen, was mit mir los war.“
Erst 2011 sollte es dem ehemaligen Frauenschwarm gelingen, seine Suchterkrankung in den Griff zu bekommen. Noch bevor er sich in die Klinik begab, zeigte er Journalisten gegenüber eine große Portion Selbstironie: „Ich mache Pläne, einen Monat lang wegzugehen, um mich auf meine Nüchternheit zu fokussieren und mein Leben der Genesung fortzusetzen. Bitte habt Freude daran, euch im World Wide Web über mich lustig zu machen.“
„Trocken zu werden ist eine harte Sache…“
Der Schauspieler schaffte, was er wohl viele Jahre selbst nicht mehr so richtig glaubte – er wurde trocken und clean. Und will nun gemeinsam mit dem Suchtexperten Earl Hightower Menschen helfen, die an Alkoholismus erkrankt sind. Die Beiden haben in Malibu, Kalifornien, in Perrys früherem Haus ein Übergangsheim für aus dem Entzug Entlassene eingerichtet. Ehemals suchtkranke Jugendliche, die eine zweite Chance erhalten, ihren High School-Abschluss nachzuholen, genießen Perrys ganze Aufmerksamkeit. „Trocken zu werden ist eine wirklich harte Sache und in den Gesichtern dieser Kids habe ich Hoffnung gesehen“, gibt sich Perry optimistisch, wenn man ihn auf die Jugendlichen, die von ihm und Hightower betreut werden, anspricht. Perry weiter: „Ich hatte viele Hochs und Tiefs in meinem Leben und viele wunderbare Auszeichnungen. Doch das Beste an mir ist, dass wenn ein Alkoholiker auf mich zukommt und fragt, ob ich ihm helfen kann, trocken zu werden, ich dann sagen kann, dass ich weiß, wie man das hinbekommt.“
Preis für sein Engagement
Bei einer Gala des Drogenzentrums „Phoenix House“, die sich seit 50 Jahren um Alkoholiker und Drogenkranke kümmert, wurde Matthew Perry ein Preis für sein Engagement überreicht. „Ich schätze, dass ich jetzt ein preisgekrönter Alkoholiker bin“, scherzte der Schauspieler gegenüber einem Journalisten vom „Hollywood Reporter“. Seine Fans glauben wieder an ihn, trotzdem enttäuschte Perry sie, als er einer eventuelle Reunion seines ehemaligen Serienerfolges skeptisch gegenüber stand: „Es wäre furchtbar etwas zu machen, was nicht gut ist.“
Friends, also Freunde, hat der gefallene Star, dem es gelang, wieder aufzustehen, mittlerweile ohnehin genug. Seine ehemals alkoholkranken Schützlinge wissen, was sie an ihm haben. „Der interessante Grund dafür, warum ich heute so hilfreich sein kann, ist, dass ich es so oft versaut habe.
Es ist gut für Menschen zu sehen, dass jemand, der früher Probleme in seinem Leben hatte, heute keine mehr hat.“
Ob der frühere TV-Liebling beruflich nochmals einen Höhenflug starten kann, wird man sehen. Privat ist ihm das schon gelungen.

Foto: CBS Interactive (1)